Die Vielseitigkeit setzt sich aus drei Teilprüfungen zusammen – Dressur, Gelände und Springen –, die mit demselben Pferd absolviert werden. Je nach Ausschreibung findet die Prüfung an einem Tag (One-Day-Event), an zwei Tagen oder als klassische Drei-Tages-Prüfung (Three-Day-Event) statt. Bei großen internationalen Turnieren wird die Dressur aufgrund der hohen Starterzahl häufig auf zwei Tage verteilt, sodass die Veranstaltung insgesamt vier Tage umfasst.
Reihenfolge der Teilprüfungen
Grundsätzlich beginnt eine Vielseitigkeitsprüfung immer mit der Dressur.
Die anschließende Reihenfolge hängt von der Art der Prüfung ab:
- National (häufig): Dressur → Springen → Gelände
- International (meist): Dressur → Gelände → Springen
- Zwei-Tages-Prüfungen: Oft wird zuerst gesprungen, bevor das Gelände folgt; das führende Paar startet als letztes ins Gelände.
Nationale Klassen: VE, VA, VL (VM, VS)
Nach LPO können Vielseitigkeitsprüfungen in den Klassen E, A, L und M ausgeschrieben werden. Die früher üblichen Klassen VM und VS sind heute kaum noch vertreten, da ab Klasse L häufig bereits internationale Prüfungen nach FEI-Reglement stattfinden:
- CCI1* entspricht national etwa Klasse L
- CCI2* entspricht Klasse M
- CCI3* entspricht Klasse S
Internationale Formate: CCI (aktuell) und frühere CIC
Seit 2019 werden alle internationalen Prüfungen als CCI geführt und zusätzlich mit S (short) Kurzprüfung oder L (long) Langprüfung gekennzeichnet.
- CCI (Concours Complet International)
- Seit 2019 gibt es die Klassen CCI1* bis CCI5*.
- Der Zusatz entscheidet über die Art der Prüfung:
- CCI-S (short): verkürzte Geländestrecke, flexiblere Reihenfolge
- CCI-L (long): längere Strecke, mehr Hindernisse, verbindlich Springen als Abschluss, notwendig für Aufstiegsqualifikationen
- CCI5:* nur als L ausgetragen und die anspruchsvollste Turnierform weltweit
- CIC (Concours International Combiné)
- Bis 2019 wurde diese Bezeichnung für die „kurzen“ internationalen Prüfungen (CIC1*, CIC2*, CIC3*) verwendet.
Teilprüfung 1: Dressur
Die Dressur eröffnet jede Vielseitigkeit. National kann sie je nach Klasse einheitlich oder getrennt nach Richtern bewertet werden.
- Bewertung
Die Richter vergeben für jede Lektion Punkte, aus denen ein prozentuales Gesamtergebnis errechnet wird.
- National E, A: Minuspunkte = (100 – Prozentpunkte) × 1,5
- Für Wertnote 7,0 (70 %):
- 100 – 70 = 30
- 30 × 1,5 = 45
- Ergebnis: 45 Minuspunkte
- Für Wertnote 7,0 (70 %):
- National L: Minuspunkte = (100 – Prozentpunkte)
- Beispiel: 70 % → 30
- Minuspunkte 100 – 70 = 30
- Ergebnis: 30 Minuspunkte
- International: Minuspunkte = 100 – Prozentpunkte
- Beispiel: Für Wertnote 70% (7,0):
- 100 – 70 = 30
- Ergebnis: 30 Minuspunkte
- Weitere Regelungen
- Verlassen des Vierecks mit allen vier Hufen → Ausschluss
- Unerlaubte Ausrüstung (z. B. Gerte) → Nichtantritt bzw. Fehle
- Verreiten
- Verreiten – 2 Minuspunkte je Richter
- Verreiten – 4 Minuspunkte je Richter
- Verreiten – Ausschluss
Teilprüfung 2: Gelände
Das Gelände stellt hohe Anforderungen an Kondition, Technik und Mut von Pferd und Reiter. Startberechtigt ist nur, wer die notwendigen Qualifikationen erfüllt. Die Anzahl der Hindernisse wird nach Faustregel berechnet: alle 100m steht ein Hindernis. Beispiel: Strecke: 1800m = 18 Hindernisse.
- Strafpunkte im Gelände
- Zeitfehler:
- Überschreitung der Bestzeit pro angefangene Sekunde +0,4 Punkte
- Überschreiten der Höchstzeit (doppelte Bestzeit) → Ausschluss
- Unterbrechungen / Steher an verschiedenen Hindernissen:
- Unterbrechung (Steher): 20 Strafpunkte
- Unterbrechung (Steher): 20 Strafpunkte
- Unterbrechung (Steher): Ausschluss
- Unterbrechungen / Steher am identischen/ gleichen Hindernis:
- Unterbrechung (Steher): 20 Strafpunkte
- Unterbrechung (Steher): 40 Strafpunkte
- Unterbrechung (Steher) am selben Hindernis: Ausschluss
- Hindernis außerhalb der Flaggen → 50 Strafpunkte
- Gefährliches Reiten: 10 – 25 Strafpunkte oder Ausschluss
- Sturz von Pferd oder/und Reiter → Ausschluss
- Fehler an Sicherheitselementen (abbrechender Pin, international) → 11 Strafpunkte
- Auslassen eines Hindernisses oder Pflichttors → Ausschluss
Nach dem Gelände erfolgen häufig Tierarztkontrollen zur Überprüfung der Erholungswerte.
Verfassungsprüfung
Wenn das Springen erst am nächsten Tag stattfindet, gibt es meist eine Verfassungsprüfung, in der das Pferd an der Hand im Schritt und Trab (jog) vorgestellt werden muss.
- Ergebnis:
- Start erlaubt – accepted
- Ausschluss – not accepted
- zusätzliche tierärztliche Kontrolle und erneute Vorstellung möglich – holding box
Teilprüfung 3: Springen
Das Springen bildet den Abschluss. Die Startreihenfolge erfolgt in der Regel in umgekehrter Platzierung, sodass das führende Paar zuletzt reitet.
- Strafpunkte im Springen
- Hindernisfehler: 4 Punkte
- Unterbrechung (Steher):
- Unterbrechung: 4 Punkte
- Unterbrechung: 8 Punkte (international: bereits Ausschluss)
- Unterbrechung: Ausschluss
- Sturz von Pferd und/ oder Reiter: Ausschluss
- Zeitüberschreitung:
- 1 Punkt/Sek. (national)
- 0,4 Punkte/Sek. (international)
Hinweis
Diese Darstellung bietet einen kompakten Überblick über die Abläufe und Bewertungskriterien in der Vielseitigkeit.
Für vollständige und verbindliche Regeln gelten ausschließlich die aktuelle LPO und das FEI-Reglement.















